5 Erfolgs­faktoren für die Digitalisierung Ihrer Kanzlei

Im Umfeld der Mandantschaft schreitet Digitalisierung mit einem rasanten Tempo voran und wirkt sich seit den letzten Jahren zunehmend auch auf das Berufsbild des Anwalts aus: die digitale Transformation. Sie hat oder wird sich unmittelbar auf das Mandantenverhalten, den Wertschöpfungsprozess und das Wettbewerberumfeld auswirken. Unter der Digitalisierung sind längst nicht mehr nur eine digitale Mandatsaktenverwaltung oder digitale Spracherkennung zu verstehen.

Es handelt sich vielmehr um grundlegende strategische Entscheidungen. Die digitale Transformation beginnt bereits beim Audit und der Modellierung analoger und digitaler Geschäftsprozesse, der Minimierung manueller Tätigkeiten, der Implementierung von automatisierten Workflows und reicht bis zu integrierten Wissensmanagement- und Legal Tech-Lösungen.

1. Digitalisierung ist Chefsache

In vielen Fällen ist es für Partner von Kanzleien schwierig, das Thema „Digitalisierung“ einem oder mehreren Verantwortlichen zuzuordnen, zumal der Begriff an sich bereits diffus ist und sehr viel umfasst. Für diejenigen, die ernsthaft einen Transformationsprozess anstreben und keine halbherzigen Lösungen akzeptieren, sollte Digitalisierung tief in der DNA der Kanzlei verwurzelt sein. Sie sollte von der Partnerebene bis hin zur Sekretariatsebene aktiv gelebt werden. Konkrete Ansätze zur Umsetzung gibt es viele.

Wenn man das Thema ernsthaft angehen will, muss es darum gehen, den bisherigen Wertschöpfungsprozess und die Strategie neu zu denken, sie so auszurichten, dass sie in 5 oder 10 Jahren immer noch die gewohnten Erfolge sichert und neue Geschäftsfelder, die sich im digitalen Wandel des Rechtsmarkts auftun, zu identifizieren und zu besetzen. Alle Lösungen und Anpassungen von Prozessen werden nicht singulär betrachtet, sondern ganzheitlich an der Client Experience, am „Erlebnis des Mandanten“, ausgerichtet.

Gerade für Kanzleien, die originär nicht zu Internet-Pure-Playern oder Digitalstartups gehören, ist eine mit Leidenschaft und Authentizität getrieben Transformation ausgehend von der Partnerschaft wichtiger denn je, um innerhalb der Kanzlei und auch gegenüber Mandanten zu überzeugen.

2. Grundlage: optimierte Prozesse

Schlechte analoge Prozesse werden auch dadurch, dass sie digitalisiert sind, nicht besser. Daher ist es wichtig, im Vorfeld die bestehenden Prozesse zu erfassen und zu analysieren. Oft wird dann erst sichtbar, dass es für einen Anwendungsfall innerhalb der Kanzlei gleich mehrere Prozesse und keinen einheitlichen Standard gibt. Darüber hinaus werden auch schnell Engpässe sichtbar. Auf Grundlage dieser Prozesslandkarte können schlecht ablaufende Prozesse optimiert, gute Prozesse beibehalten und digitale Hebel für Engpässe gefunden werden.

Durch gut funktionierende und aufeinander abgestimmte Prozesse lassen sich bereits wesentliche Effizienzsteigerungen erzielen. Klar definierte Prozesse, Zuständigkeiten und Workflows bieten nicht nur Mitarbeitern Sicherheit, optimieren die Compliance und senken das operative Fehlerpotenzial, sondern sind auch Voraussetzung für gut durchdachte Digitalisierungsvorhaben.

3. Moderne IT-Infrastruktur als Enabler

Die IT ist aufgrund der strategischen und inhaltlichen Komplexität als Enabler zu verstehen. Sie bietet durch Infrastruktur wie einer sicheren IT-Landschaft, High-Speed-Internetanbindungen, Infrastructure as a Service-Modellen (IaaS) und Sicherheitskonzepten die Rahmenbedingungen für eine skalierbare, schnelle und belastbare Digitalisierung.

Die IT-Abteilung ist als technischer Partner der Digitalisierung zu verstehen.

4. Silos aufbrechen, Veränderungen zulassen, digitale Kultur schaffen

Im Veränderungsprozess ist ein wesentlicher Faktor, Egoismus und das Denken in Silos aufzubrechen und Raum für Wachstum und Veränderung zu schaffen. Teamkultur, gut vernetzte Einheiten innerhalb der Kanzlei und allem voran die Akzeptanz der Mitarbeiter sind entscheidend für den Transformationserfolg. Transformation im Teamplay: Workshops, Design-Thinking-Sessions, gemeinsame Abstimmung von Themen, schnelle Umsetzungsverfahren und moderne Projektmanagement-Methoden.

Erst, wenn jeder den Sinn der digitalen Transformation versteht und alle interdisziplinären Fachbereiche der Kanzlei in einem interaktiven Transformationsprozess einbezogen werden, lassen sich Bedenken beseitigen und Veränderungen werden zugelassen. Denn zu den häufigsten Gründen einer gescheiterten digitalen Transformation zählt der Widerstand der Mitarbeiter gegen Veränderungen.

Durch eine methodische Vorgehensweise lässt sich somit aus einem Risikofaktor ein Erfolgsfaktor machen und eine Digitalkultur innerhalb der Kanzlei etablieren.

5. Digitalisierung als einen dauerhaften Bestandteil verstehen

Die Grundlagenarbeit, um den Weg zur digitalen Transformation zu ebnen, ist nur einer der ersten Schritte auf der Roadmap zur digitalen Kanzlei. In der Folge werden Prozesse und Workflows in regelmäßigen Abständen bis zur digitalen Exzellenz hin optimiert.

Das große Potenzial jedoch befindet sich in der Erschließung neuer Geschäftsfelder durch neue, technologisch bedingte Möglichkeiten. Dass sich solche Geschäftsfelder gebildet haben, ist jetzt schon zu beobachten.

Fazit

Die Geschwindigkeit von Veränderungen wird nie mehr so langsam sein, wie sie heute ist. Bereits jetzt sieht man im e-Commerce-Bereich, dass Anbieter wie Amazon & Co. in weniger als 20 Jahren vom Startup zum weltweiten Multimilliarden-Konzern und Marktführer werden und etliche Marktteilnehmer verdrängen. Dieses Beispiel lässt sich zwar nicht analog auf berufsrechtlich geschützte Beratungsleistungen von Kanzleien übertragen, dennoch zeigt sie das Potenzial von Digitalisierung auf, das sich in anderen Branchen wesentlich schneller entfaltet hat.

Bereits jetzt sind Themen wie Legal Process Outsourcing, Legal Tech und Digitalstartups, die spezialisiert Nischen bedienen, aktuell. Dadurch, dass solche Unternehmen meist von Gründung an bereits digital und hochoptimiert sind, sind diese in den nächsten Jahren in Qualität, Geschwindigkeit und Preisleistung ein nicht zu unterschätzender Konkurrent für die klassisch aufgestellte Kanzlei.

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Dieser Artikel wurde verfasst von

Alexander Korzen

Alexander Korzen ist Projektleiter bei SIEBEN&PARTNER und hat vielfältige Erfahrungen im Kanzleiumfeld gesammelt. Herr Korzen hat u.a. Projekte im Kanzleimarketing und in der Organisationsentwicklung in mittelständischen Kanzleien verantwortet. Hier liegen auch seine aktuellen Arbeitsschwerpunkte. Darüber hinaus beschäftigt er sich intensiv mit der digitalen Transformation von Kanzleien und dem Thema Legal Tech.