Kanzlei­strategie als Grundlage für eine gezielte Entwicklung

Kanzleistrategie als Grundlage für eine gezielte Entwicklung

Wirtschaftlicher Druck bei Kanzleien? Häufig Fehlanzeige. Manchmal jammert auch mal einer unserer Gesprächspartner. Dann aber auf hohem Niveau. Neulich sagte einer: „Heute geht es uns gut, aber es soll uns auch in 5 Jahren noch gut gehen und dafür müssen wir etwas tun.“ Wie wahr. Sowohl auf Seiten der wirtschaftsberatenden Anwaltskanzleien als auch bei mittelständischen Steuerberatungs- und Wirtschaftberatungsgesellschaft gibt es – zumindest unterschwellig – die Sorge, dass der Markt schwieriger wird. Und manche spüren das auch schon deutlich. In der Tat ist der Markt in Bewegung: Zusammenschlüsse, neue Anbieter, der Hype um Legal Tech/Digitalisierung, neue Geschäftsmodelle und dazu noch gesteigerte Mandantenerwartungen. Was viele Jahre, oft jahrzehntelang ein Selbstläufer zu sein schien, ist keine sichere Bank mehr. Keiner kann davon ausgehen, dass der Erfolg der Vergangenheit sich automatisch in der Zukunft fortsetzt. Wichtig ist, sich aktiv und vorausschauend mit der Weiterentwicklung der eigenen Kanzlei auseinander zu setzen. Dazu braucht es eine schlüssige und von allen getragene Kanzleistrategie und viel Kraft und Ausdauer in der Umsetzung.

Strategie als Ausgangspunkt

Kanzleientwicklung braucht klare Ziele – manche sprechen auch von einer Vision. Denn nur so ist systematische Geschäftsentwicklung möglich. Daher sollte die Frage nach der Kanzleistrategie immer am Anfang stehen. Das Vorgehen zur Entwicklung einer Kanzleistrategie ist nicht neu und wird im Rahmen der Strategieentwicklung in allen Unternehmen, die sich mit Fragen der strategischen Fragen beschäftigen, so angewendet. Zunächst erfolgt die Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken und Schwächen und den Chancen und Risiken am Markt (SWOT-Analyse). Diese Analyse ist die Basis für die weiteren strategischen Überlegungen.

Unterstützung des Strategieprozesses durch externen Berater

Eine der Besonderheiten im Kanzleiumfeld ist, dass wir es in der Regel mit Partnerschaftsgesellschaften zu tun haben. Es ist zwingend erforderlich, die unterschiedlichen Ansichten und Einschätzungen der einzelnen Partner einzufangen. Dabei sollten alle eine Chance haben, sich zu beteiligen. Nicht die, die am lautesten schreien, sollen die Richtung vorgeben. Es braucht eine ehrliche, konstruktive und an der Sache ausgerichtete Auseinandersetzung zu den zentralen Themen. Juristen, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind wenig geübt darin sind, einen solchen Strategieprozess auf das eigene Unternehmen Kanzlei anzuwenden. Häufig passiert es, dass man nicht am Big Picture arbeitet, sondern sich sehr schnell im Detail verliert. Daher empfiehlt sich in dieser Phase die Einbindung eines externen branchenerfahrenen Beraters, der als Moderator diesen Prozess katalysiert und vorantreibt. So kann auch verhindert werden, dass Dinge unter den Teppich gekehrt werden, der tatsächliche gemeinsame Nenner nicht gefunden wird und man sich eher mit persönlichen Eitelkeiten als mit der Sache an sich auseinandersetzt.

Ehrliche Bestandsaufnahme – konkrete Antworten

Am Ende der Strategiediskussion müssen klare Antworten auf die folgenden Fragen stehen: Welche gemeinsamen Ziele haben wir? Was zeichnet uns als Kanzlei aus? Was macht den Wert unserer Leistung aus? Wie definieren wir unsere Zielgruppe? Wie wollen wir am Markt wahrgenommen werden? Welche Mandate wollen wir in Zukunft gewinnen? Schaffen wir Wachstum aus eigener Kraft oder wollen wir anorganisch wachsen?

Wenn die grundlegenden strategischen Fragen geklärt sind, muss es im nächsten Schritt an die Umsetzungsplanung gehen. „Eine Vision ohne konkrete Maßnahmen zur Umsetzung ist eine Halluzination.“ hat schon Benjamin Franklin gewusst. Entsprechend gilt es, konkrete Maßnahmen und Meilensteine zur Erreichung der Ziele zu definieren.

Deutliche Umsetzungsschwäche

Größtes Defizit, insbesondere bei kleineren und mittelständischen Kanzleien, ist die mangelnde Kontinuität in der Umsetzung. Stürzt sich der geneigte Partner zunächst voller Tatendrang in die Umsetzung der definierten Ziele, geht ihm schon nach kurzer Zeit die Puste aus. Begründungen dafür sind mehr oder minder immer gleich und gipfeln in dem Argument des Tagesgeschäfts. Jeder, der sich allerdings mit Strategie befasst, weiß, dass das ein vorgeschobenes Argument ist. Denn die zentrale Aufgabe eines Partners – sprich Unternehmers – muss es sein, seine Kanzlei kontinuierlich weiterzuentwickeln. Mandanten sind immer dringlich – wirklich wichtig für die nachhaltige Entwicklung ist aber die Konzentration auf die Weiterentwicklung der Kanzlei. Dazu müssen Prioritäten richtig gesetzt, vorhandene Fähigkeiten und Ressourcen ehrlich eingeschätzt und im Zweifel externe Unterstützung in Anspruch genommen werden.

Fazit

Die Kanzlei als Unternehmen zu begreifen und entsprechend zu handeln, klingt banal und ist es im Prinzip auch. Dennoch ist häufig zu beobachten, dass genau hier der Kern des Problems vieler Kanzleien liegt. Den dauerhaften Erfolg hat die Kanzlei, die sich intensiv mit zentralen Fragen der eigenen Entwicklung auseinander setzt und entsprechende Maßnahmen zielgerichtet und planvoll umsetzt. Sie wird immer einen Schritt vor den Wettbewerbern sein, die im Tagesgeschäft stecken bleiben. Im Ergebnis ist die unternehmerisch geführte Kanzlei ein attraktiver Partner für (potentielle) Mandanten. Gleichzeitig wird sie keinerlei Probleme haben, qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen.

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Dieser Artikel wurde verfasst von

Joachim Klostermann

Joachim Klostermann ist Gründungspartner von SIEBEN&PARTNER. Er ist seit mehr als 20 Jahren als Berater, Management-Trainer und Coach tätig. Zuvor war er als Bundeswehr-Offizier in vielfältigen Ausbildungs- und Führungsfunktionen, zuletzt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, verantwortlich. Seine Beratungsschwerpunkte sind Kanzleistrategie, Marktbearbeitung (Business Development) und Personalentwicklung.